Vorstellungsgespräch Bewerbung

Aus dem Tagesanzeiger vom 26. September


Wie wählen Personalmanager aus den Bewerbern den Richtigen? Mit welchen Instrumenten arbeiten sie? Und welche Rolle spielt das Bauchgefühl? Drei HR-Leiter liessen sich in die Karten blicken.
Personalmanager wollen Leidenschaft sehen: Bewerber warten auf ihre Chance, den potenziellen neuen Arbeitgeber im Gespräch von sich zu überzeugen.
Personalmanager wollen Leidenschaft sehen: Bewerber warten auf ihre Chance, den potenziellen neuen Arbeitgeber im Gespräch von sich zu überzeugen.
Bild: Keystone

Heinz Wyssling ist privater Karriere- und Organisationsberater ist Mitglied des Berufsverbandes für Supervisoren und Organisationsberater. Im Gespräch mit Yvonne Staub verrät er, wie man sich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten kann.

«Warum nicht einfach mal in die Kantine gehen?»

Herr Wyssling, wie kann man sich auf ein Bewerbungsgespräch am besten vorbereiten?
So viel wie möglich über die Firma in Erfahrung bringen. Via Internet, Branchenmagazine, Jahresberichte. Und warum nicht einfach mal hingehen, sich in die Kantine setzen, die Atmosphäre beschnuppern? Je mehr man über die Firma weiss, umso besser kann man abschätzen, ob man da hinpasst. Während des Gesprächs sollte man aufzeigen, welchen Mehrwert man dem Unternehmen bringt. Es sollte einem im Gespräch gelingen, einen engen Bezug herzustellen zwischen dem eigenen Profil und den Anforderungen der Stelle.

Nach dem Motto: Ich bin der, den ihr braucht?
Genau. Das sollte man allerdings auch begründen können. Deshalb empfehle ich, sich im Vorfeld einen 2-MinutenWerbespot in eigener Sache zu überlegen. Ich habe eine Dienstleistung, eine Fachkompetenz zu verkaufen, nämlich mich. Die zukünftigen Arbeitgeber sind die Kunden. Denen muss man klarmachen, warum man einzigartig ist, womit man sich gegenüber der Konkurrenz abhebt, warum man sich ausgerechnet für diesen Job in dieser Firma bewirbt.

Weitere Vorbereitungstipps?
Hilfreich ist sicher, sich mit dem Leitbild der Firma auseinanderzusetzen. Welche Werte werden da transportiert? Habe ich ähnliche Werte? Diese Frage kann durchaus kommen: Welche Werte sind Ihnen wichtig?

Gibt es Fragen, die garantiert kommen?
Die nach den Stärken und Schwächen. Da muss man etwas bieten, das eine gewisse Relevanz zum Unternehmen und zur Funktion hat. Bei den Schwächen ist es wichtig, zu zeigen, dass man daran arbeitet, daran wächst. Sind zum Beispiel die Fremdsprachkenntnisse noch ungenügend, kann man sagen, dass man zurzeit einen Abendkurs besucht oder dies vorhat. Bestimmt kommt auch die Frage nach Erfolgen und Misserfolgen. Erfolge muss man begründen können. Wenn jemand behauptet, dass er gut verkaufen kann, muss er mit der Frage rechnen: Was war Ihr letzter Verkaufserfolg? Garantiert kommt auch die Frage: Warum sollen wir gerade Sie anstellen?

Wie reagieren Frauen auf die Kinderfrage?
Die Frage, ob man demnächst schwanger werden will, ist eigentlich tabu. Darauf muss keine Frau eine ehrliche Antwort geben. Am besten sagt man: Die Frage ist im Moment nicht aktuell. Das geht, selbst wenn man schwanger ist oder plant, es zu werden.

Was machen, wenn man nervös ist?
Wichtig ist, dass man sich gibt, wie man ist. Keine Show abziehen, das merken geübte Interviewer sofort. Wenn man nervös ist, kann man das während des Gesprächs ruhig sagen. Das wirkt sympathisch. 

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Korrektur-Hinweis

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Marcel Sonderer, Personalleiter Zürcher Kantonalbank, Bereich Privat Banking und Privatkunden:
«Unser wichtigstes Rekrutierungsinstrument sind die beiden Bewerbungsgespräche, die jeweils eine bis anderthalb Stunden dauern. Während der Gespräche stellen wir oft konkrete Aufgaben. Einen zukünftigen Privat Banker fragen wir etwa: Du hast 500'000 Franken geerbt, wie legst du das Geld an? Oft bitten wir den Bewerber auch, innerhalb einer halben Stunde eine Präsentation vorzubereiten, zu der wir ihm nur zwei oder drei Stichworte geben.
Natürlich gehen wir in den Gesprächen auch den Lebenslauf durch, haken bei Ungereimtheiten nach. Blender durchschauen wir schnell. Erstens führen wir die Gespräche immer zu zweit. Zweitens sind wir erfahren, wir erkennen, ob das, was jemand sagt, mit seiner Gestik und Mimik übereinstimmt. Klassisch sind die Bewerber, die Weltreisen auflisten, und wenn ich nachfrage, verstricken sie sich, werden rot. Bestehen nach den Gesprächen noch offene Fragen, sind Referenzauskünfte hilfreich. Meistens bekomme ich von ehemaligen Arbeitgebern differenzierte Einschätzungen.
Das Bauchgefühl spielt eine wichtige Rolle. Nach den ersten fünf Minuten Gespräch habe ich bereits einen ersten Eindruck. Im Gespräch geht es dann darum, diesen Eindruck zu verifizieren, zu objektivieren. Bisher hat mich mein Gefühl selten getäuscht.
Ein ungewohnter Lebenslauf mit Umwegen stört uns nicht, wenn die Umwege Sinn machen und wenn sie in irgendeinem Bezug stehen zur Funktion. Einmal bewarb sich ein ehemaliger Banker bei uns, der sich als Vermögensverwalter selbstständig gemacht hatte. Das Geschäft ging schief, er musste viel Lehrgeld zahlen und wünschte sich nun wieder ein Angestelltenverhältnis. Das macht Sinn, und die Erfahrung, die er gemacht hat, kann für uns sogar nützlich sein.»
Otto Nussbaumer, Leiter Human Resources Unilever Schweiz:
«Die Vorselektion haben wir ausgelagert. Auf meinem Tisch landen etwa fünf Dossiers. Wir, jeweils ein Personal- und ein Linienverantwortlicher, führen mit den Bewerbern zwei Gespräche. Persönlichkeitstests machen wir nicht, Assessments nur für Kaderpositionen. Letztlich geht es immer darum, ob der Kandidat als Mensch zu uns, zu unserer Kultur passt. Das ist ein sehr subjektiver Entscheid.
Wir lassen den Kandidaten nicht einfach seinen Lebenslauf runterbeten, sondern fragen, warum er genau diese Ausbildung gemacht hat, etwa A-Matura mit Griechisch und Latein. Wenn da jemand nur mit den Achseln zuckt, ist das nicht förderlich. Wer glaubhaft rüberkommen will, muss auch über seine Misserfolge reden können. Danach fragen wir mit Sicherheit. Wir stellen auch Aufgaben, schildern dem Kandidaten etwa ein Geschäftsszenario und fragen, wie er an die Situation herangehen würde. Und wenn wir einen Key-Account-Manager suchen, wollen wir vom Kandidaten wissen, was er sich darunter vorstellt. Stressfragen, die bewusst verunsichern, stellen wir nicht. Aber wenn jemand als Machertyp auftritt, konfrontiere ich ihn mit meinen Vorbehalten, erkläre, dass er möglicherweise nicht die nötige Geduld mitbringt, und schaue dann, wie er mit dieser Situation umgeht.
Das Interview sollte ein Dialog sein, in dem man sich offen begegnet. Mit möglichst offenen Karten. Falls mir beispielsweise in einem CV die häufigen Jobwechsel auffallen und ich nachfrage, sollte der Bewerber die Gründe transparent machen.»
Christoph Vinck, Recruiting Consultant Siemens Schweiz:
«Uns interessieren drei Fragen, die erste: Kann er das? Das zu beurteilen, ist Sache der direkten Vorgesetzten, mit meiner Unterstützung in puncto Nachhaken und Fragetechnik. Oft verlangen wir vom Kandidaten auch, dass er Arbeitsbeispiele löst, damit wir die essenziellen Fähigkeiten demonstriert bekommen. Für die beiden anderen Fragen bin primär ich verantwortlich: Will er das? Passt er zu Siemens und ins Team? Beim zweiten Gespräch sind deshalb auch immer Leute vom Team dabei. Während der beiden Gespräche versuche ich, eine private Atmosphäre zu schaffen, eine Art Small-Talk-Situation. Ich vermeide diese Fragen, die in jedem Handbuch stehen, etwa: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Oder: Was sind Ihre Schwächen? Ich frage lieber nach einem speziellen Hobby oder – um rauszufinden, ob jemand eher Teamplayer oder Einzelgänger ist – nach dem Lieblingssport.
Die grössten vermeidbaren Patzer? Wenn jemand nicht authentisch, nicht glaubwürdig wirkt, mir während des Gesprächs zum Beispiel nicht in die Augen schauen kann oder im Lebenslauf Dinge angibt, die sich, wenn ich nachfrage, als inkorrekt erweisen. Leider besteht heutzutage die Tendenz, Zeugnisse zu beschönigen. Damit erweist der Ex-Chef seinem ehemaligen Mitarbeiter aber einen Bärendienst. Meine Aufgabe ist es ja gerade, solche Widersprüche aufzudecken, den Kandidaten damit zu konfrontieren – und ich habe ein gutes Gespür dafür, ob jemand ehrlich ist. Ob er den Job wirklich will. Das ist der schlimmste Patzer: wenn jemand uninteressiert wirkt. Ich will Leidenschaft sehen, eine positive Grundhaltung, längere Antworten als nur Ja und Nein. Und Gegenfragen! Die beste Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch ist deshalb auch, die Firma so gut zu kennen, dass man Fragen stellen kann. Ein Beispiel: Bei Siemens gibt es ein Brandlabor. Optimal ist, wenn der Bewerber nach dem Gespräch von sich aus darum bittet, das Brandlabor sehen zu dürfen. Oder wenn ich den Besuch des Labors anbiete und der Kandidat mit Feuer und Flamme dabei ist. Weniger gut ist es, wenn jemand das Angebot ausschlägt – das ist auch schon passiert.»

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