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Pfarrhaus

Jetzt wird eine Hetze gegen die Pfarrhäuser in den Medien lanciert.... Irgendwie scheint man dem Pfarrberuf gar nichts mehr gönnen zu wollen. Als Kontrast dazu war  mir ein Kadermitarbeiter einer grossen Firma erzählt hat, was bei ihm auf der Kaderstufe so üblich ist (Firmenauto, Krankenkasse Privat für die ganze Familie, Schulgeld für Privatschule , Zinsloses Darlehen für Hauskauf, grösstes Handy Abo und alle Jahre ein neues Handy, Jahreskarte Fitnesscenter ua.)

Artikel in der Aargauerzeitung

Kirchenpflege will das Pfarrhaus verkaufen – doch die Mitglieder sträuben sich

Wenn das Pfarrhaus verkauft wird, müsste sich ein neuer Pfarrer im Dorf eine Wohnung suchen. Peter Siegrist
Wenn das Pfarrhaus verkauft wird, müsste sich ein neuer Pfarrer im Dorf eine Wohnung suchen. Peter Siegrist
Quelle: Peter Siegrist
Kirchenpflege und Mitglieder der Reformierten Kirche Menziken-Burg sind sich uneinig, was mit dem Pfarrhaus passieren soll. Die Kirchenpflege möchte das leerstehende 9-Zimmer-Haus am liebsten verkaufen. Das passt den Mitgliedern aber nicht. von Janine Müller

Bei Sanierung sparen
Die Kirchenpflege hat sich deshalb Gedanken gemacht, wo man bei der Sanierung sparen könnte. In Frage kommt die Garage, die man in ihrem aktuellen Zustand belassen könnte. Von einer reinen Pinselsanierung, die etwa 100 000 Franken kosten würde, hält die Kirchenpflege wenig. Die Abklärungen dazu sollen am 17. November an der Kirchgemeindeversammlung präsentiert werden. Bei einem Entscheid zugunsten der Sanierung müsste eine Baukommission genaue Vorschläge ausarbeiten. Auch die finanzielle Schmerzgrenze für die Gemeinde sei noch nicht festgelegt, sagt Gautschi.
Externe Vermietung oder Steuererhöhung?
Die Mitglieder allerdings haben noch weitere Vorschläge, wie man das Pfarrhaus doch in den eigenen Reihen behalten könnte. Die Rede ist von externer Vermietung oder Kirchensteuererhöhung, damit das Haus saniert werden könnte. Doch auch da argumentiert die Kirchenpflege dagegen. «Austritte wären die logische Folge, wenn wir die Steuer erhöhen würden», gibt Barbara Gautschi zu bedenken. Auch bezüglich externer Vermietung gibt sich die Kirchenpflege skeptisch. Der Verwaltungs- und Pflegeaufwand sei dabei nicht zu unterschätzen. Auf diese Idee einsteigen würde die Kirchenpflege, wenn sich weisen würde, dass eine rentable Vermietung möglich ist.
Pfarrer könnte Wohnung mieten
Einig sind sich Mitglieder und Kirchenpflege in einem Punkt: Das Pfarrhaus hat als solches ausgedient. Mit neun Zimmern und einem ausgebauten Dachstock entspreche dies nicht mehr den Bedürfnissen. Die Räume stehen leer.
Da fragt sich nur, wo denn dereinst ein neuer Pfarrer einziehen wird, sollte die Kirchgemeinde Menziken-Burg das Pfarrhaus tatsächlich verkaufen. «Heute ist es oft so, dass Pfarrpersonen sich in der Gemeinde eine Wohnung suchen», sagt Gautschi. Das sei nichts Ungewöhnliches mehr.
Am 17. November stimmt die Kirchgemeinde über die Zukunft des Pfarrhauses ab. «Wir erhoffen uns eine hohe Beteiligung», sagt Gautschi. «Denn die Mitglieder können letztlich entscheiden, was aus dem Pfarrhaus wird.»

Ausstellung in Berlin - Bericht in ref.ch
Eine Ausstellung zur Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses in Berlin

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Das Deutsche Historische Museum zeigt unter dem Titel «Leben nach Luther» eine Sonderschau zum evangelischen Pfarrhaus als Hort von Sitte und Anstand, Bildung und Kultur.

Thomas Klatt ist freier Journalist in Berlin.
Thomas Klatt - Gleich der erste Raum der Ausstellung zieht einen in den Bann. Überlebensgross bli-
cken ölgemalte Pfarrehepaare, -familien, ja ganze -dynastien des 16. bis 18. Jahrhunderts die Betrachter des 21. Jahrhunderts gütig bis prüfend an. Der nie-
derländisch-reformierte Pastor Otto Clemens van Bijleveld steht als evangelischer Hirte unter seinen weissen Schafen in Gouda. Auf dass sich auch gar nicht erst ein schwarzes unter die Gemeinde mische, wartet sein Sohn und kommender Amtsnachfolger mit allzeit bereiter Mistgabel im Hintergrund.
Nicht nur, dass evangelische Gemeindetheologen die neue Lehre rein und sauber unter das Kirchenvolk zu bringen hatten. Auch hatten sie nach Beendigung des Zölibats Pfarrfamilien zu gründen und dafür zu sorgen, dass die neue evangelische Lehre sich mithilfe der eigenen grossen Nachkommenschaft im Land verbreiten konnte. Beispielhaft blickt uns die Familie des lutherischen Pfarrers Valentin Braun aus Döbeln wie eine einzige protestan-
tische Phalanx an. Als der Superintendent 1598 fast hundertjährig starb, war die dritte Generation bereits auf 52 Enkel angewachsen, von denen viele wiederum weitere Pfarrfamilien gründeten.
Allerdings wurde die Genera-
tionenfolge nicht allein dem Zufall überlassen. So schrieb die Württembergische Landeskirche etwa eigens Stipendien aus, auf dass zumindest einer der Pfarrerssöhne wieder Theologie studiere und alsbald wieder in den evangelischen Gemeindedienst eintrete.
Ohne Frau nur die Hälfte wert
Kaum verwunderlich also auch, dass seit Katharina von Bora die Ehefrauen einen erheblichen Teil zum Erfolg der neuen Kulturinstitution Pfarrhaus beitrugen. Auf 
einem Riffelbild ist Pastor Petrus Pauli aus Breklum mit seiner Frau Maria auf ewig verbunden. Geht man um das Bild herum, sieht man auf der einen Seite nur den Mann, auf der anderen nur die Angetraute. Eine Symboldarstellung!
Ohne die Ehefrau, die oftmals auch die Buchhaltung übernahm, den Kindergottesdienst leitete, die Orgel spielte oder mit Scherenschnitten und allerlei Handarbeitskönnen für mehr Kultur auf dem Lande sorgte, war der Pfarrer höchstens die Hälfte wert. Umso beklemmender, dass Frauen selbst lange Zeit keine Pastorinnen werden durften. Selbst die ersten Pfarrerinnen mussten bis in die späten 1960er Jahre hinein noch im Zwangszölibat leben. Heirateten sie, verloren sie automatisch ihre Stelle als Gemeindetheologin.
Jahrhundertelang garantierte das evangelische Pfarrhaus ein herausragendes kulturelles Niveau. Die Pfarrhausbibliothek war oftmals die einzige Anlaufstelle für gute Literatur. Die Pfarrer erhielten kein Festgehalt, 
sondern wurden über die Zehnt-
abgabe der Gemeindeglieder entlohnt und erhielten sogenann-
te Stolgebühren für Kasualien, Pfründe oder Stiftungszuschüsse. Oftmals mussten sie sich zusätzlich noch aus eigenem Garten und vom selbstbestellten Acker versorgen.
Nicht wenige Theologen wurden dadurch nebenbei zu Gelehrten der Landwirtschaft. Wer weiss heute noch, dass 1780 Pfarrer 
Johann Friedrich Mayer den Jauchewagen erfand, um so das Feld besser düngen zu können? Und wer heute die Frucht vom Baum pflückt, sollte daran denken, dass sich bereits Ende des 18. Jahr-
hunderts Johann Volkmar Sickler als Apfelpfarrer einen Namen machte, als er in seinem «Pomologischen Cabinet» 162 Sorten zusammenstellte.
Doch die überragende Bedeutung des evangelischen Pfarr-
hauses verdämmerte ab dem 
19. Jahrhundert allmählich. In 
der industriellen Revolution verlor die Kirche unter der verarmenden Proletarierschicht an Ansehen und Respekt, sprachen doch die meisten Pfarrer nur allzu oft allein den Herrschenden und Besitzenden das Wort. Schmerzlich vermisst man daher in der Ausstellung etwa einen Exkurs zu dem Schweizer Pfarrer Leonhard Ragaz, der mit den religiösen 
Sozialisten eine evangelische Gegenbewegung hin zu den verarmten Arbeitern zu organisieren versuchte.
Parforceritt durch 500 Jahre
Anschaulich wird der Autoritätsverlust in Bildungsfragen in einer Karikatur aus Zürich. Die liberale Schweizer Schulreform von 1832 entzog den Pfarrern die Zuständigkeit über das Schulwesen. Es kam zum Rollentausch. Nicht mehr der Pfarrer examiniert wie jahrhundertelang zuvor den Lehrer, sondern nun steht der Pfarrer mit Beffchen wie ein unartiger Schulbub vor dem Schulmeister. Vorbei war es mit der Fokussierung allein auf Katechese und 
Bibelkunde. Stattdessen wurden die neuen staatlichen Fächer Naturkunde, Geographie und Geschichte eingeführt.
Die Ausstellung zur Bedeutung des Pfarrhauses versucht sich in einem Parforceritt durch 500 Jahre evangelische Kulturgeschichte. Mehr als unredlich wirkt, dass dabei irgendwie alles evangelisch ist. Weder wird zwischen Landeskirchen und Regionen, noch klar zwischen lutherisch und reformiert unterschieden.
In den Räumen, die das 
20. Jahrhundert beleuchten sollen, holpern die Exponate und Texte geradezu hilflos durch die Weimarer Republik, das Dritte Reich, die BRD und DDR bis zur Jetztzeit. Das ostdeutsche Fa-
nal der Selbstverbrennung eines 
Oskar Brüsewitz sucht man in der bildlichen Darstellung vergebens. Dass die penibel geführten evangelischen Taufregister ab 1933 Grundlage für Ariernachweise und Judenverfolgung waren, ist den Ausstellungsmachern keine Erwähnung wert. Zum Glück 
bemüht sich der vom Kultur-
büro der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgegebene Begleitband um eine Korrektur und Ergänzung dieses mehr als peinlichen Mangels.
Insgesamt ist die Ausstellung aber sicherlich sehens- und die Lektüre des Begleitbandes und -heftes lesenswert. Am Ende bleibt die Frage: Wie könnte im Wandel des 21. Jahrhunderts die Zukunft des evangelischen Pfarrhauses überhaupt aussehen?

Dazu aus der Website des Deutschen Historischen Museum Berlin

Leben nach Luther
Eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses

In Kooperation mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Internationalen Martin Luther Stiftung. Gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

25. Oktober 2013 bis 02. März 2014

Konzept: Bodo-Michael Baumunk, Dr. Shirley Brückner
Projektkoordination: Prof. Dr. Rosmarie Beier-de Haan

Ein Hort universeller Bildung und bürgerlichen Lebens, das Vorbild christlicher Lebensführung, Ursprung von Literatur, Philosophie und Wissenschaft: Das evangelische Pfarrhaus als Lebensform ist seit Jahrhunderten Projektionsfläche gesellschaftlicher und familiärer Ideale. Die Entwicklung dieser gesellschaftlich prägenden Institution verfolgt die Ausstellung „Leben nach Luther. Eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses“ von der Reformation bis zur Gegenwart.

Porträts aus fünf Jahrhunderten, Alltagsgegenstände, persönliche Erinnerungsstücke und eine Vielfalt von Amtstrachten, darunter auch die Talare der ersten Pastorinnen, verdeutlichen den Wandel im Pfarrhaus über die Jahrhunderte. Einen Eindruck vom Bildungshorizont einer typischen Pfarrhausbibliothek geben die kostbaren, illustrierten Bücher des 17. und 18. Jahrhunderts. Fotos, Ton- und Filmdokumente zum „Kirchenkampf“ in der Zeit des Nationalsozialismus sowie zu Repression, Anpassung und kirchlicher Opposition in der DDR verdeutlichen, wie das Pfarrhaus im 20. Jahrhundert auf totalitäre Herausforderungen reagierte. Die bedeutende Rolle des Pfarrhauses in der „Friedlichen Revolution“ 1989/90 wird ebenso beleuchtet wie das politische Engagement der westdeutschen Kirchen in der Friedensbewegung der 1980er Jahre.

Ergänzend zur Ausstellung nimmt eine großflächige Monitorinstallation im Erdgeschoss der Ausstellungshalle Bezug zur Gegenwart und Zukunft der traditionsreichen Institution des evangelischen Pfarrhauses. Sie stellt Fragen zu den Aufgabenfeldern des Pfarrberufs heute, zur prekären Situation von Gemeinden, zum Wandel der Lebensformen im Pfarrhaus selbst oder zum Vorbildcharakter von Pfarrfamilien. Darüber hinaus rückt die Installation Personen des öffentlichen Lebens in den Fokus, denen ihre Herkunft aus einem Pfarrhaus gemein ist. Sind Pfarrhauskinder etwas Besonderes? Das Pfarrhaus – ein Sprungbrett für die Politik?


Interessanter Artikel im Blick am Abend

Seelsorge im Callcenter

Steilpass für Politphilosophin Dr. Regula Stämpfli.
Wo sucht eine arme, gläubige Seele Zuflucht, wenn sie genug vom Diesseits mit seinen Abzockern, abhörwütigen Geheimdienstlern und renditegeilen Bankern hat? Richtig. Im Jenseits. Da dieses aber meist nicht gerade um die Ecke liegt, nimmt sie auch gerne Vorlieb mit einem der örtlichen Verbindungsbüros, gemeinhin Pfarrhaus genannt. Wie gross muss dann die Enttäuschung der armen Seele sein, wenn sie an der gewohnten Adresse statt des erwarteten Pfarrers einen Handyladen oder einen betuchten Mitbürger vorfindet, der einem die Tür öffnet. Tja, auch die Kirche hat das Outsourcing für sich entdeckt und vermietet oder verkauft immer öfter ihre Pfarreien, die oftmals an bester Lage liegen. War die Kirche jahrhundertelang hinter jeder verirrten Seele her, so macht sie neuerdings eine schlichte Kosten-Nutzen-Rechnung. Das ist die ultimative Marktwirtschaft, wenn die Kirche errechnet, was denn die Nächstenliebe kosten darf. Google wäre stolz auf diese Geschäftsidee: Seelsorge via Callcenter. Jesus hat vor 2000 Jahren schon gezeigt, was er von so viel Geschäftssinn im Namen Gottes hielt, als er die Händler aus dem Tempel getrieben hat. Heute würde er in seiner Wut nicht einmal mehr einen Tempel finden.



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