Weitergehen Doku aus der Kirchgemeinde

Geniales und bewegendes Projekt der Kirchgemeinde Obwalden



Hier Bericht der red-presse

Die Doku «Weitergehen» der Reformierten Kirche Obwalden porträtiert sieben Menschen aus Obwalden, die eine Extremsituation bewältigen mussten. «Alle haben es durchgezogen», sagt Hans Winkler, Projektleiter und reformierter Pfarrer in Sarnen, im Interview.
Herr Winkler, wie ist die Idee zu dem Film entstanden?
Als ich 2013 die Pfarrstelle in Sarnen antrat, wünschte man sich von mir, dass ich nicht nur einzelne Veranstaltungen organisiere, sondern darüber hinaus ein Langzeitprojekt verfolge. Da ich schon einige Filmprojekte gemacht habe, war es naheliegend für mich, einen Film zu drehen.

Warum ein Film über Menschen in Extremsituationen?
Das stand nicht von Anfang an fest. Die Idee entstand in gemeinschaftlichen Diskussionen. Einige Voraussetzungen waren gegeben: Der Film sollte in Obwalden spielen, er sollte generationenübergreifend sein, und er sollte mit dem christlichen Glauben oder unserer Kirche zu tun haben. Ich lud die Gemeindemitglieder ein, an dem Projekt mitzuwirken, und am Schluss beteiligten sich neun Personen aus der Kirchgemeinde. Es folgten intensive Diskussionen, viele Abende lang, bis das Format feststand.

Eine Rolle spielte auch das Budget…
Ja. Wir hatten ein Budget von 8000 Franken zur Verfügung. Das entspricht einer «low budget»-Produktion. Unser Glück war, dass mein Pfarrkollege Michael Candrian eine Filmausrüstung und die nötige Erfahrung besitzt. Sonst wäre der Film nicht möglich gewesen. Mit Regisseur Luke Gasser beriet uns zudem ein ausgewiesener Experte. Auch das erwies sich als notwendig. Für die Luftaufnahmen haben wir übrigens eine Drohne eingesetzt. Das wäre sonst nicht finanzierbar gewesen.

War es schwierig, Personen zu finden, die von ihren persönlichen Erfahrungen erzählten?
Überraschenderweise nicht. Zunächst war ich aber skeptisch. Obwalden ist doch recht kleinräumig, die Leute kennen sich. Ich war mir nicht sicher, ob jemand bereit war, sich so zu exponieren. Die Leute in unserm Team und ich selbst begannen dann, im Bekanntenkreis herumzufragen. Schliesslich haben fast alle Personen, die wir angefragt haben, zugesagt. Wir hätten leicht auch einen Film mit zehn oder zwölf Personen drehen können. Wir beschränkten uns aber schliesslich auf sieben.

Und ausgestiegen ist keiner?
Nein. Alle haben es durchgezogen. Vielleicht hatten die Interviews für den einen oder anderen auch einen therapeutischen Effekt. Es war sicher auch ein Vorteil, dass ich die Interviews selbst geführt habe. Und nicht irgendein Unbekannter. Mich kannten sie aus der Kirchgemeinde. Zwei der Personen hatte ich vorher schon als Seelsorger besucht. So war von Anfang an das Vertrauen vorhanden.

Alle Interviewten müssen eine schwierige Situation in ihrem Leben meistern – ein schwere Krankheit, Drogensucht oder Nahtoderlebnisse. Kommt da auch ein Seelsorger an seine Grenzen?
Natürlich waren meine Ausbildung und meine Erfahrungen hilfreich. Sie ermöglichten eine gewisse professionelle Distanz. Aber letztlich bin ich auch ein Mensch. Das konnte ich nicht einfach wegschieben.

Was war der emotionalste Moment für Sie?
Unsern ersten Dreh machten wir mit einer krebskranken Frau. Sie wusste, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hatte. Am Dreh weinte sie. Das hat das ganze Filmteam stark berührt. Als sie dann einige Monate vor der Premiere starb, waren wir sehr betroffen und traurig.

Es fällt auf, dass alle Mitwirkenden eine Stütze im Glauben finden. War das eine Voraussetzung dafür, in dem Film mitzumachen?
Ja. Wir wollten bewusst ein christliches Profil. Man wirft den Kirchen ja oft vor, dass sie kein Profil mehr haben. Das wollten wir vermeiden. Insofern ist der Film nicht neutral. Zugleich war es uns wichtig, die Vielseitigkeit im Glauben zu zeigen. Es gibt ja auch die Stelle, an der ein Mitwirkender seine Zweifel an Gott äussert. Das war uns wichtig. Wir wollten kein «Fenster zum Sonntag». Ein Stück weit ist der Film auch ein Spiegel unserer Landeskirche. Wir versuchen, Vielseitigkeit und Toleranz zu leben.

Aus reformierter Sicht fällt auf, welch grosse Rolle der Wunderglaube bei vielen der Interviewten spielt.
Das liegt wohl daran, dass wir hier in einem katholischen Kanton sind. Der Wunderglaube ist in der katholischen Kirche viel stärker. Wir haben hier den Heiligen Niklaus von Flüe. Zu seinen Reliquien pilgern Leute aus der ganzen Welt. Die Mitwirkenden im Film sind zwar reformiert, haben aber auch eine katholische Prägung mitbekommen. Auch ist es hier gang und gäbe, dass Reformierte den katholischen Gottesdienst besuchen und umgekehrt. Insofern hat der Film einen Schuss Ökumene.

Einer der Interviewten hatte ein Nahtoderlebnis, nachdem er von einem Schneebrett verschüttet worden war. Im Film schildert er, wie er daraufhin erst richtig zum Glauben fand. Obwohl es nicht ausgesprochen wird, hat man als Zuschauer den Eindruck, dass der Mann sich einer Freikirche zuwendet.
Das ist richtig. Wir haben hier in Sarnen die Freikirche FEG. Er trat erst dort ein, kam dann aber zu uns zurück. Ein zweiter Interviewter hat dagegen seine Heimat in einer anderen Freikirche gefunden.

Sie drehen einen Film, lassen die Leute zu Wort kommen, und die gehen dann in die Freikirche – das muss frustrierend sein.
Nun, jeder Einzelne muss selber entscheiden, was für ihn stimmig ist. Vielleicht findet einer bei den Reformierten nicht, was er sucht. Oft kommen die Leute aber auch wieder zu uns zurück, weil sie aus irgendeinem Grund bei der Freikirche nicht mehr ins Schema passen. Unsere Türen stehen offen.

Mitte Dezember war Filmpremiere. War der Film ein Erfolg?
Ja, unsere Kirche war mit ungefähr 230 Leuten mehr als voll. Wir spielten den Film auf einer grossen Leinwand. Es war sehr still während der Aufführung. Die Leute waren berührt. In den Gesprächen danach hatten wir sehr positive Reaktionen. Auch später noch. Einmal kamen jüngere Menschen auf mich zu, die sich von den Nahtoderlebnissen angesprochen fühlten. Allgemein wurde der Film als sehr authentisch erlebt. Besonders gefreut hat mich, dass auch die Kinder der krebskranken Frau den Film lobten.

Was geschieht weiter? Verstaubt der Film jetzt auf der Homepage?
Nein, ich kann mir gut vorstellen, den Film in der Erwachsenenbildung einzusetzen. Er zeigt sehr schön, was einen bei der Seelsorge erwarten kann. Auch als Angebot für Kirchgemeinden in der Deutschweiz eignet sich der Film. Das muss sich aber alles noch weisen.

#Dokumentarfilm «Weitergehen», Film #Kirchgemeinde

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