Lachen und Humor

7 Schritte zum Humor: www.laughterremedy.com

Aus www.bildungskirche.ch

Interview mit Prof. Dr. phil. Werner Wicki ist Dozent für Pädagogische Psychologie und Prorektor Forschung und Entwicklung an der Pädagogischen Hochschule Luzern. Zu einem seiner Arbeitsschwerpunkte gehört die Humorentwicklung.

«Ich bin kein besonders humorvoller Mensch»


Werner Wicki weiss, wann ein Witz funktioniert, uns Lustiges Erleichterung verschafft und wann der Spass aufhört. Zu seinen Spezialgebieten gehört die Humorforschung.
 

Juliane Hartmann: Herr Wicki, warum findet jemand etwas lustig?
Werner Wicki: Nicht alles, was als lustig intendiert wird, findet der Rezipient auch lustig. Über einen fremdenfeindlichen Witz kann ich nicht lachen, auch wenn die Witzkonstruktion an sich stimmt. Eine Voraussetzung für einen gelungenen Witz ist, dass Geschmack oder Einstellung der erzählenden und der zuhörenden Personen übereinstimmen. Bei Ärzte-, Psychiater- oder Pfarrerwitzen beispielsweise muss man testen, ob das Gegenüber etwas Selbstkritik aushalten kann. Humorproduktionen beziehen sich auch auf eine bestimmte Schwäche, die übertrieben dargestellt wird. So wie bei einem Cartoon, in dem zum Beispiel die Haartolle von Trump überzeichnet wird.
Gibt es eine Grenze? Wann ist fertig lustig?
Es gibt keine objektiven Kriterien. Die Grenzen sind von vielen Faktoren abhängig. Hilfreich finde ich die Differenzierung zwischen telic state und paratelic state. Wenn ich im telic state, also zielgerichtet, unterwegs bin, ist Humor nur störende Ablenkung. Wenn ich dagegen im paratelic state spielerisch die vergnügliche Seite einer Tätigkeit oder Situation wahrnehme, kommt mir Humor gelegen. Humor und Kreativität haben eine enge Verwandtschaft. Ich denke, dass nur  wenige Leute richtig gute Witze erfinden.
Wie wird  ein Witz erfunden und richtig konstruiert?
Im Witz gibt es einen klaren Aufbau. Zuerst werden die verschiedenen Akteure in der richtigen Reihenfolge eingeführt und ihnen ihre Rollen zugewiesen. Damit wird die  Pointe vorbereitet. Wenn das richtige Wort oder die richtige Formulierung dann nicht kommt, ist der Witz unrettbar kaputt. Viele Leute lachen trotzdem; wegen der lustigen Stimmung in einer Gruppe, denn Witze leben vom Publikum. Im Zweiergespräch wird kaum je ein Witz erzählt. Witze haben zudem eine grosse Kohäsionswirkung nach innen und Abgrenzungsfunktion nach aussen.
Über was lachen Sie?
Über gute Witze gerne. Ich bin allerdings, wie viele Humorforscher, kein besonders humorvoller Mensch. Wobei ich schon sensibilisiert bin und mich genauer beobachte, über was ich lache.  Wichtig finde ich Humor auch als Coping-Strategie – wenn ein Problem auftaucht, könnte man dem  mit Humor begegnen. Wenn ich zum Beispiel den Bus verpasse, könnte ich mich furchtbar aufregen – oder ich kann mich ein Stück weit von mir selber distanzieren: Jetzt warte ich ab, was passiert – diese Technik hat wenig mit Lachen zu tun, sondern ist mehr eine innere Haltung, eine Distanzierung von dem, was unmittelbar ist, von der unmittelbaren Zielverfolgung, dem telic state.
Kann Humor auch Lebenshilfe bieten?
Natürlich! Lustig finde ich immer wieder den Spruch von Woody Allen: Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich möchte nur nicht dabei sein, wenn es passiert. Wir alle haben Angst vor dem Tod – und natürlich werden wir dabei sein. Diese Verkehrung des Unausweichlichen lässt mich schmunzeln. Was uns unlösbar scheint, können Worte ins Lustige wenden und uns damit Erleichterung verschaffen. So funktionieren auch Ehewitze!
    
Das braucht ein rechtes Mass an Selbstdistanzierung – ist das für alle Menschen möglich?
Paul McGhee hat ein Humortrainingsprogramm entwickelt – typisch amerikanisch. Da gibt es verschiedene Übungen: Entdecke den Humor in deinem Alltag! Was erheitert dich? Erfinde Wortspiele! Versuche, in einer Stresssituation humorvoll zu reagieren! Das ist allerdings etwas vom Schwierigsten.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht ...
Eben – Heiterkeit gehört auf jeden Fall auch zum Humor.Es gibt Menschen, die sind eher extravertiert und haben meist einen sehr positiven Affekt, ähnlich wie Hans im Glück. Das hilft natürlich enorm im Leben. Mich hat im Vergleich zu dieser Art Heiterkeit stets mehr die Produktion von Humor interessiert: Wie wird Humor «gemacht», mit welchen sprachlichen und intellektuellen Mitteln?
Da müssten Pfarrer/-innen prädestiniert sein, doch Humor steht bei uns nicht direkt im Zentrum ...
Das war  nicht immer und überall so. In der Kirchengeschichte war der Humor z.B. in der Gegenreformation wichtig – und auch in anderen Teilen der Welt ist das , was in der Kirche passiert, mit Lachen und Freude verbunden – während das bei uns oft eine sehr ernste Angelegenheit ist. Im Roman «Der Name der Rose» greift Umberto Eco auf, was das Gefährliche am Lachen ist: es überwindet die Furcht. Der Pfarrer der Kirche in unserem Dorf hat in Amerika studiert. Er arbeitet häufig mit positiven Emotionen. Freude und Heiterkeit schaffen eine gute Grundstimmung. In andern Kirchen vernehme ich oft die ernste und gewichtige Botschaft: Das – Leben – ist – sehr – schwer – zu – ertragen. Das ist nicht die Wirklichkeit, die wir erleben oder erleben möchten! Auch die Taufe ist doch eigentlich ein freudiger Anlass. Etwas mehr Humor wäre da durchaus möglich. Viele Humorproduktionen gehen nicht auf Kosten von anderen. Schöne Wortspiele, die einfach Freude machen, im Sinn von Originalität und Überraschung. Eine Inkongruenz, die man auflösen muss. Da braucht es dann Nachdenken, wie bei fast allen Witzen!
Haben Sie als Humorforscher Wünsche an Pfarrer und Pfarrerinnen?
Pfarrpersonen sollten Humor und  das, was  Humor kann, besser nutzen. Sie könnten beispielsweise  fröhlichere Rituale gestalten. Und sie sollten auch über eigene Fehler lachen, so wie ein Lehrer, dem an der Wandtafel die Kreide abbricht, die Wahl hat, darüber zu lachen oder sich zu ärgern. Unter dieser Form von Humor leidet die eigene Autorität nicht. Interessante Hinweise kommen auch von der Versprecherforschung.  Ein Radiosprecher hat einmal gesagt: «Sie hörten die H-Mess Molle, Verzeihung die H-Moss Melle von Johann Sebaldrian Bach». Versprecher sagen auch etwas über das Wesen des Humors: nämlich, dass etwas ganz anders kommen kann, als man es erwartet hat.


Humor, Lachen,

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