Kündigung von Pfarrer / Pfarrerin

Es wird immer wieder in Frage gestellt, ob eine Pfarrperson noch gewählt werden soll, oder wie sonst überall üblich nur noch angestellt. Der Beamtenstatus sei überall abgeschafft und müsse die Kirche gleichziehen.

Sollen Pfarrer angestellt, statt gewählt werden. Was vorerst als reine vertragliche Diskussion aussieht, hat eine tiefe geistliche und ekklesiologische Bedeutung.

Im Kanton Appenzell sind Pfarrpersonen nun angestellt und mache Behördenverteter weissen darauf hin. Ich habe durch den Vikariatsleiterkurs einen Pfarrkollegen aus dem Kanton Appenzell kennen gelernt. Er selber ist mit dieser Situation sehr zu frieden, denn er schätzt die Freiheiten dieser Situation: Sein Vertrag beinhaltet eine 42 Stunden Woche mit Jahresarbeitszeit sowie freier Wohnsitz. Er wohnt privat und nicht mehr im Pfarrhaus und hat eine 50% Stelle. Im Kirchgemeindehaus ist sein Büro, dass er am Donnerstag und Freitag bedient. An diesen Tagen arbeitet er je 9-10 Stunden, meist von 8 bis 18 Uhr. Hinzu kommt der Gottesdienst am Sonntag und maximal 2-3 Sitzungen oder Besuche am Abend im Monat. Am Samstag und von Montag bis Mittwoch hat er frei und ist auch für Notfälle nicht erreichbar.

Ein anderer Fall aus dem Kanton Appenzell machte Schlagzeilen: Eine Pfarrerin ist bei der Behörde in Ungnade geraten: Der sonst im Dorf beliebte Pfarrerin hat darauf hin die Behörde gekündigt. Die Gemeindeglieder konnten dazu keine Stellung nehmen. Die Pfarrerin fühlte sich diesen Gemeindegliedern verpflichtet und hat sich gegen die Kündigung gewehrt. Nach der neuen Zusammensetzung der Behörde, hat sich die Situation gegenüber der Pfarrerin wieder eingerenkt.

Der Pfarrverein fragt: " Macht und Freiheit in der Kirche: Wie kann ein Pfarrer die Wahrheit des Evangeliums vertreten? Ist er Autorität oder Dekoration? Darf der Kirchenvorstand der Pfarrerin sagen, wen sie wann mit ihrer Predigt trösten soll?"

Hier Auszüge aus der Presse:

Wolken überm Kirchturm

Kivo kündigt der Pfarrerin von Reute-Oberegg

GerolD Huber

Gerüchte deuteten darauf hin. Ein Flugblatt der Kirchenvorsteherschaft Reute-Oberegg an die Mitglieder sprach schliesslich von einer Trennung Pfarrerin–Kirchgemeinde. Unklar war, wer wem gekündigt hatte. Nicht alle Betroffenen konnten das verstehen. Die Pfarrerin, die im Sommer 2004 den über zwei Jahrzehnte wirkenden Arnold Oertle ersetzt hatte, schien beliebt.

«Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Frau Marion Giglberger ihre Stelle als Pfarrerin der Evangelischen Kirchgemeinde Reute-Oberegg nur noch bis Ende April 2007 versehen wird», steht im Brief an die Kirchgemeindemitglieder.

Unterschiedliche Auffassungen über die Ausübung des Pfarramts hätten zum Entscheid geführt, und: «Eine Trennung liegt bei dieser Situation im Interesse aller Beteiligten.» Wer hat nun wem gekündigt?

Pfarrerin Giglberger auf Anfrage: «Es sieht aus, als hätte ich gekündigt. So ist es nicht; es gefällt mir sehr in Reute-Oberegg.» Sie habe Einsprache erhoben. Der Präsident des kantonalen Kirchenrats, Hans-Peter Ramsauer, bestätigt die Kündigung der Kivo und Giglbergers Einsprache, ebenso Kivo-Präsident Felix Eisenhut aus Oberegg. «Heikle Sache», sagt er. Die Differenzen seien unüberbrückbar. Man habe das nicht an die grosse Glocke hängen wollen. Mehr wolle er im Moment nicht sagen.

Quelle: Rheintaler, 21.11.2006


und


Eine Kirchgemeinde in Aufruhr

Die Kirchenvorsteherschaft von Reute-Oberegg tritt auf die ausserordentliche Kirchgemeindeversammlung von Ende Monat geschlossen zurück

Corina Hugentobler

Nach den Wirren um die Kündigung, die im Oktober letzten Jahres an Pfarrerin Marion Giglberger ausgesprochen und kürzlich wieder aufgehoben wurde (siehe Kasten), beschäftigen neue Uneinigkeiten die Mitglieder der Evangelischen Kirchgemeinde Reute-Oberegg: Streitpunkt ist die umstrittene Wahl der Kivo. Die neue Auseinandersetzung hat mit der Kündigung an die Pfarrerin eigentlich nichts zu tun – aber irgendwie eben doch, und das sorgt für Verwirrung.

Eine neue Kivo

Die Neuigkeit vorweg: An der ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung vom 30. September werden die Kirchbürger von Reute-Oberegg eine komplett neu zusammengesetzte Kivo wählen. Auf Anfrage der Appenzeller Zeitung erklärte Präsident Felix Eisenhut (Oberegg), die Kivo stelle sich geschlossen nicht mehr zur Wahl. Man werde die Kirchbürger demnächst ausführlich informieren.

Wie es dazu kam: An der Kirchgemeindeversammlung im vergangenen März hätte unter anderem die Kivo in ihrem Amt bestätigt werden sollen. Die Emotionen gingen hoch – nicht zuletzt wegen der Kündigung, die zu dieser Zeit immer noch in der Luft hing. Wie es mit der Pfarrerin weitergehen sollte, war unklar. Es kam zum Eclat. Auf Antrag der GPK verweigerten die Kirchgemeindemitglieder der Kivo die Entlastung. In dieser emotionalen Stimmung wurde daraufhin die Bestätigungswahl der Kivo vorgenommen, die ganz knapp zugunsten der Kivo ausfiel. Ob das Resultat «42 Ja zu 39 Nein» oder «43 Ja zu 39 Nein» lautete, ist man sich nicht einig. So oder so ein zu knappes Resultat, wie mehrere Kirchgemeindemitglieder befanden. Sie reichten nach der Versammlung Beschwerde ein beim Kirchenrat «wegen Verletzung demokratischer Grundsätze vor und während der Kirchgemeindeversammlung». Die 13 Beschwerdeführer bemängelten, dass nicht alle stimmberechtigten Gemeindemitglieder zur Wahl eingeladen worden seien, namentlich zwei 16-Jährige und ein neues Kirchgemeindemitglied. Ausserdem, so schreiben sie in ihrer Beschwerde, hätte die fünfköpfige Kivo bei ihrer Bestätigungswahl in den Ausstand treten sollen: «Der Kirchenvorstand hat sich selbst gewählt.» Zudem sei es in den Wirren der Versammlung für die Kirchgemeindemitglieder nicht möglich gewesen, das knappe Wahlresultat zu überprüfen.

Eine neue Kivo wählen

Mitte August hat der Kirchenrat nun entschieden und den Beschwerdeführern recht gegeben: Die umstrittene Wahl wurde aufgehoben. Der Kirchenrat begründet seinen Entscheid damit, dass die Verfahrensmängel bei der Kivo-Wahl tatsächlich Auswirkungen auf das Resultat gehabt haben könnten. Am 30. September wird die Wahl nun an einer ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung wiederholt. Auf Antrag der Kivo wird der Kirchenrat eine externe Person beauftragen, die Versammlung durchzuführen, wie der Kirchenrat in einem Schreiben mitteilt.


Quelle: St. Galler Tagblatt, 13.09.2007


Das soeben erschienene Jahrbuch der Appenzellischen Gemeinnützigen Gesellschaft zum Jahr 2007 erzählt in dürren Sätzen die spannungsgeladene Geschichte: "Im März 2006 hatte es die Kirchgemeinde versäumt, die anstehenden Erneuerungswahlen durchzuführen. Der Kirchenrat beschloss darauf, die kirchlichen Behörden bis zu den an der nächsten Kirchgemeindeversammlung nachzuholenden Wahlen wieder in ihre Ämter einzusetzen. In der Folge übte die Kirchenvorsteherschaft Reute-Oberegg ihre Funktionen wie gewohnt aus. Am 27. Oktober 2006 löste sie das Anstellungsverhältnis mit Pfarrerin Marion Giglberger auf den 30. April 2007 auf. Der Kirchenrat bestätigte den Beschluss am 23. Januar (sc. 2007), worauf Marion Giglberger bei der Rekurskommission der Evang. Landeskirche Beschwerde erhob. In ihrem Entscheid vom 23. August 2007 stellte die Rekurskommission fest, dass der Kirchenrat seine Kompetenzen überschritten habe; die Kivo wäre nicht befugt gewesen, die Kündigung auszusprechen (AZ 30.8.). Am 30. September (sc. 2007) wählte die Kirchgemeindeversammlung die Kirchenvorsteherschaft mit Präsident Michael Künzler. Mit der Wahl Künzlers war auch klar, dass Pfarrerin Marion Giglberger im Amt bleiben würde."
(App. Jahrbuch, 135. Heft, 2007, hg. von der Appenzellischen Gemeinnützigen Gesellschaft, Herisau 2008, Seite 191).

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