Pubertät

Eltern sind nicht allein und doch muss jede Mutter oder Vater das persönlich selber durchmachen.

Hier ein guter Bericht aus Spiegel von 2010

Lass mich (nicht) los

Die Flegeljahre ihrer Kinder stürzen viele Eltern in die Krise: Sie sind genervt, überfordert, fühlen sich ausgenutzt, Erziehung scheint sinnlos. Doch gerade jetzt werden sie besonders gebraucht.
Neulich klingelte bei Jan-Uwe Rogge mitten in ei-ner Sitzung das Handy. Eine aufgeregte Mutter war dran, die dringend Entscheidungshilfe bei dem Hamburger Familienberater suchte. "Mein Sohn ist ohne Benzin auf der Autobahn liegengeblieben, er hat mich angerufen, ich soll sofort hinfahren und ihm helfen, er hat solche Angst, wenn die Polizei kommt - was mach ich bloß?"
"Gar nichts", antwortete Rogge kühl, "es ist sein Problem." Der Sohn in Not war 42 Jahre alt.
Das kleine Drama auf der Autobahn zeigt, was passieren kann, wenn etwas nicht funktioniert, für das die Pubertät da ist: die Ablösung der Kinder von den Eltern. Wie selbstverständlich ging der längst erwachsene Sohn davon aus, dass seine Mutter ihm helfen muss - und die fühlte sich spontan in der Pflicht.
Dabei scheint es doch ein Naturgesetz: In der Pubertät zoffen sich Eltern und Kinder, logo, die Kids lassen die Alten richtig schön auflaufen. Alle Eltern wissen, das kommt auch auf sie zu, sie haben es ja selbst erlebt: Ihre eigenen Erzeuger fanden sie nur noch ätzend damals, hassten sie gar, und wenn es Kommunikation gab, bestand sie aus Türenknallen, Schreierei, Heulkrämpfen. Irgendwann war es vorbei, vielleicht aus beidseitiger Erschöpfung oder weil die Hormone endlich Ruhe gaben. Man weiß bloß noch, wie schön es war, endlich auszuziehen und lauwarme Büchsenravioli zu essen statt Schweinebraten von Mutti.
Doch dann kommt der Tag, an dem die eigene Erfahrung wenig nützt. Für viele ist die Pubertät die schlimmste Zeit ihrer Elternschaft. "Ist das noch mein Kind?", fragen sich geschockte Mütter und Väter. Und wenn die Teenies im Chaos ihrer Gefühle wie auf einem Sprungtuch von einer Höhe in die nächste Tiefe rauschen, haben die Eltern einen undankbaren Part: Sie sind das Trampolin.
Wer soll das aushalten? Vor allem diese "permanente Absage, die rotzige Muffigkeit, diese andauernde schlechte Stimmung" nerve sie, klagt eine Münchner Mutter - obwohl sie weiß, "dass die Abgrenzung, diese Zurückweisung stattfinden muss".
Die Kunst ist, es nicht persönlich zu nehmen - "aber genau das tut man", sagt die Mutter, zwei ihrer drei Kinder sind in der Pubertät. So nah und vertraut war einem das Kind, so toll seine Sprachentwicklung, plötzlich verstummt es, blökt allenfalls rum, verkrümelt sich in eine andere Welt, zu der man keinen Zugang mehr hat. "Dieser krasse Wechsel, der ohne Vorwarnung kommt, ist verstörend", sagt der Vater. "Man fühlt sich wie eine Art Mülleimer zu Hause, während Sohn oder Tochter woanders durchaus charmant, höflich und hilfsbereit sein können. Dann gibt es auch tolle Momente, in denen plötzlich eine Eloquenz zu Tage tritt, Schlagfertigkeit, gute Argumente, und man sieht, sie lernen dazu."
Die Hamburger Lehrerin Ulrike Heidler* erwischt sich dabei, dass sie mit ihrem 16-jährigen Sohn Adrian "immer wieder in dieselbe Falle tappt". In der Schule unterrichtet sie die gleiche Altersgruppe, zehnte Klasse. Doch während sie da die Frechheiten ihrer Schüler cool und professionell pariert, wird sie bei ihrem Sohn sofort emotional und moralisch. "Wenn er schon beim Fußballschauen brüllt: Ihr Hurensöhne! und dabei derart viel Aggressivität zeigt, er-schreckt mich das." Ihr ganzes pädagogisches Wissen lässt sie dann im Stich, "da handele ich ganz instinktiv".
Sie trauert über die verlorene Nähe, seit Adrian, der sogar noch mit zwölf gern mal auf ihren Schoß kam, jeden körperlichen Kontakt einstellte. Sie schläft nicht, bis er von der Disco nach Hause kommt, doch sie spürt auch, "wie mein Vertrauen wächst" und dass ihre Beziehung tragfähig ist, sie nie ganz den Draht zu ihm verliert.
Ein gewaltiger Spagat wird von den Eltern in dieser finalen Trotzphase verlangt: Sie sollen auf Distanz gehen, dem Heranwachsenden Freiheit geben, in der er sich austesten kann, aber weiter für ihn da sein und sorgen - sie sollen gleichzeitig "loslassen und Halt geben", wie Jan-Uwe Rogge sein Pubertätsbuch überschrieben hat. Das Schwierige ist, dabei nicht aus der Balance zu geraten.
Während vielfach von völlig überforderten Eltern zu lesen ist, glaubt Rogge, dass "ein Großteil der Eltern heute einen durchaus guten Erziehungsjob macht". Aber: "Sie lassen sich zu leicht verunsichern." Erziehungsberater wie er sind gefragt, seine Bücher verkaufen sich weit über eine Million Mal, seine Sprechstunden sind ausgebucht.
Rogge holt die Eltern wieder auf den Teppich. "Es ist normal, wenn die Kids in dieser Zeit nicht richtig ticken, und keine Folge erzieherischen Scheiterns."
Durchatmen, lockermachen, mehr Gelassenheit fordert Rogge, wie andere Experten auch. Der Dauerclinch zwischen Eltern und Kindern hat ja einen Sinn: Im Konflikt lernen die Jugendlichen, sich mit Regeln, Grenzen und Meinungen auseinanderzusetzen, üben sie in kleinen Schritten die Trennung von den bisher übermächtigen Eltern.
Zur Gelassenheit gehört für Rogge auch Mut zu Fehlern. "Das ist eine Chance für Heranwachsende: Es zeigt ihnen, dass sie keine perfekten Väter und Mütter haben, aber solche, die mit Krisen und Niederlagen umgehen können, die aus Fehlern lernen."
Manchmal müsse man auch einsehen, dass man etwas nicht selbst lösen kann, wie der ewige Zoff um die Hausaufgaben - da helfe es zu delegieren, an einen Studenten etwa. Überhaupt seien in der Pubertät andere erwachsene Bezugspersonen wichtig, ob Großeltern, Paten oder der Trainer.
Ein großer Schritt zu mehr gesunder Distanz ist es Rogge zufolge schon, den Blick nicht nur auf das Kind zu richten: "Ein 14-Jähriger sagte mir kürzlich: ,Wenn meine Eltern sich mal häufiger gegenseitig ansehen würden, würden sie nicht ständig auf mich starren.'" Tatsächlich sei nun die Zeit für die Eltern, sich wieder stärker als Paar zu begreifen - was ja auch seinen Reiz hat.
Dass es "schwer ist, diese Widersprüche der Pubertierenden auszuhalten", räumt Rogge durchaus ein: "Obwohl sie sich zurückziehen, die Eltern herabwürdigen, suchen sie Halt, Orientierung und innere Verbundenheit."
Sie brauchen ihre Eltern nach wie vor, mitunter vielleicht sogar dringender denn je - die Crux ist, dass man ihnen das überhaupt nicht anmerkt, im Gegenteil.
Wohl die meisten Eltern sind überzeugt, dass sie die eigentlich Leidtragenden der Pubertät sind, auch manche Experten teilen diese Meinung: "Im Grunde wird von den Eltern der radikalste Wandel verlangt", sagt die Jenaer Entwicklungspsychologin Karina Weichold, "der Kontrollverlust, das Infragestellen, die Ablösung sind für sie schmerzlicher als für die Jugendlichen selbst."
"Es ist ja der Prozess der Trennung von einem geliebten Menschen, wer macht das schon freiwillig?", konstatiert Angelika Jaeger. Unter dem Motto "Starke Eltern, starke Kinder" hält die Sozialpädagogin Elternkurse beim Hamburger Kinderschutzbund zur Pubertät. Sie sollen das Selbstvertrauen der Eltern stärken, ihnen helfen, Konflikte zu verhandeln, Grenzen zu setzen und mit ihren Kindern im Gespräch zu bleiben.
Väter und Mütter stehen sich häufig selbst im Weg: mit ihrer Verletztheit, ihren Ängsten, ihrer Furcht zu versagen. "Eltern denken viel zu schnell, sie hätten was falsch gemacht", sagt Jaeger. "Sie müssen lernen zu trennen: Wenn das Kind in der Schule scheitert, bin ich nicht gescheitert."
Wenn die Pädagogin am ersten Kursabend die Eltern an ihre eigene Pubertät zurückdenken lässt, erinnern die sich meist noch ziemlich genau: das schwierige Einfinden in die Clique, der erste Sex, der furchtbare Liebeskummer, der Schwindel vom Alkohol. "Es ist wichtig für die Erwachsenen, sich klarzumachen, wie viel Jugendliche in dieser Phase leisten und zu bewältigen haben." Sie rät, auch kleine Erfolge der Kinder wahrzunehmen, nicht nur die Schulnoten. "Meine Faustregel ist: neunmal aufs Positive und einmal aufs Negative schauen, meist sehen wir nur auf das, was nicht klappt." Sie erzählt den Eltern auch vom radikalen Umbau im pubertären Gehirn, der es den Kids so schwermacht, Dinge auf die Reihe zu bringen, sich vernünftig und logisch zu verhalten, während sie von Emotionen überschwemmt werden. Das hilft vielen.
Die Eltern in ihren Seminaren haben fast alle die gleichen Sorgen: das unaufgeräumte Zimmer, die Hausaufgaben, das Dauertelefonieren, die schlechte Stimmung, die mangelnde Selbständigkeit, die ewige Anspruchshaltung (das neueste Handy, die geilste Jeans), der Streit ums Nachhausekommen, Alkohol, Drogen. "Mit kleineren Kindern gibt es nicht unbedingt weniger Probleme, aber die Auseinandersetzungen werden nun sehr viel heftiger", sagt Jaeger.
Kracht es heute mehr als früher? Für ältere Generationen war es hart, sich scheibchenweise Freiheit aus dem Korsett starrer, autoritärer Strukturen zu ertrotzen. Dafür scheint heute die Ablösung schwerer zu gelingen. Einen Grund dafür sieht der hannoversche Kindertherapeut Wolfgang Bergmann in der "Eltern-Kind-Verklammerung", den zu engen, fast symbiotischen Beziehungen der modernen Kleinfamilien.
"Alle Wünsche von einer heilen und glücklichen Familienwelt richten sich mit einer bisher so nicht gekannten Sentimentalität auf das Kind", sagt Bergmann. So werde jedes Problem des Kindes "zum Menetekel, das den Familienalltag verdunkelt". Nach außen, in der heutigen Gesellschaft mit ihrer "Rivalitäts- und Leistungskultur", werde das Kind zum Aushängeschild: Ganz toll soll es sein, begabt und selbstbewusst. Bei den Eltern entstehe dadurch "eine aus vielen Motiven zusammengesetzte Angst vor dem Versagen des Kindes". Mangelnde Begabung sei für sie eine "Kränkung".
In Bergmanns Praxis kommen viele ausgelaugte, hilflose Eltern mit hyperaktiven oder depressiven Jungs, Mädchen, die sich ritzen oder unter Essstörungen leiden, vereinsamte Kinder, die keine Kontakte finden. Vor allem die feingliedrigen, hochsensiblen, eher intellektuellen Kinder gingen heute leicht in der groben, lauten Jugendkultur unter.
"Eltern", sagt Bergmann, "sind der Fels in der Brandung der pubertären Wirren." Das ist eine schwierige Rolle in einer Zeit, in der Erwachsene bis tief in die Mittelschicht hinein von Zukunfts- und Existenzängsten geplagt sind.
Als starkes Gegenüber ihrer Kinder sind Eltern heute besonders deshalb gefordert, weil sie nicht mehr auf alte Autoritätsmuster zurückgreifen können. Sie haben ihre Kinder ja zu Gleichberechtigung erzogen, damit sie selbstbewusst, kritisch, widerständig sind. "Wir wollen doch Kinder, die sich nicht alles gefallen lassen, die fragen: Warum?" Denen nun Grenzen zu setzen ist natürlich viel komplizierter.
Und doch - es geht. "Nichts ist einfach, aber es ist auch nicht so schwierig", beruhigt der Erziehungswissenschaftler. Pubertierende brauchten eine starke Autorität der Eltern. Natürlich nicht die Erziehung von früher, "die wollte Kinder unterwerfen, durch Strafe zu Gehorsam und Disziplin zwingen". Er meint eine "gute" persönliche Autorität von Mutter und Vater: "Ich muss mich auf meine Person, meine Bindungsfähigkeit berufen, vorführen, wie man das Leben mit einer gewissen Souveränität bewältigt - dabei geht es auch um Mut und Widerständigkeit von Eltern, die das Rückgrat haben, sich gegen den Mainstream zu stellen."
Distanz heißt eines von Bergmanns Schlüsselwörtern: Bei überschäumenden Konflikten sei es manchmal klug, sich einfach zurückzuziehen. Etwa wenn schon wieder Zoff über die verhauene Klassenarbeit angesagt ist, sei es wirksamer festzustellen: "Es tut mir leid, aber irgendwie ist es nicht mein Problem. Schließlich ist es dein Leben und nicht meins, es ist dein Zeugnis." Er selbst, so Bergmann, habe bei seinem Sohn damit beste Erfahrungen gemacht.
Ohnehin löse man so manchen Konflikt mit Pubertierenden einfach dadurch, indem man ihn unterlässt - man müsse nicht auf jede Provokation einsteigen, könne auch mal von seiner Forderung abweichen. "Auch Erwachsene neigen zu Halsstarrigkeit."
Ein machtorientierter, aggressiver Elterntyp macht es Jugendlichen vielleicht leichter, sich von zu Hause zu lösen, aber er verhindere eine gute Beziehung zum Kind, mahnt Jan-Uwe Rogge. Damit sich Jugendliche an Vereinbarungen halten, sei es wichtig, die eigene Position, seine Werte zu vertreten. Nicht: Nur ich weiß, was richtig ist. Sondern: Das ist meine Überzeugung.
"Ich kann nicht wirklich verhindern, dass mein Kind Gewaltverherrlichendes oder Menschenverachtendes auf dem Computer anschaut, aber ich muss ihm sagen, was ich davon halte und wo ich die Gefahr sehe." Auch wenn es so wirkt, als wollten Jugendliche von den Eltern partout nichts wissen, hält der Bestsellerautor dagegen: "Die Meinung der Eltern ist äußerst bedeutsam." Auf Dingen, die einem wichtig sind, müsse man bestehen, etwa, dass die Familie gemeinsam isst. "Da muss man auch nicht lange diskutieren. Ich sage halt: Weil es mir wichtig ist."
Andererseits gelte es, auch Interessen und Leistungen der Jugendlichen anzuerkennen, etwa ihre Computerkompetenzen. Grenzen machten immer nur dann Sinn, wenn sie für den Jugendlichen nachvollziehbar sind und nicht unverhältnismäßig überzogen erscheinen, etwa schon um 21 Uhr nach Hause kommen zu müssen, während die anderen bis 23 Uhr dürfen.
Klar ist auch: Wer zu soft daherkommt, tut seinem Kind keinen Gefallen. Rogge: "Kinder wollen vom Erfahrungs- und Wissenvorsprung der Eltern profitieren und erleben, wie man Krisen löst, und nicht die Krisen ihrer Eltern aufgehalst bekommen." Mütter, die ihre Töchter als "Freundin" bezeichnen oder Kumpelväter mag er überhaupt nicht.
Was ein Klima der Konfliktvermeidung bewirken kann, erlebt die Psychologin Susanne Beischer, die als Therapeutin im Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg arbeitet. Täglich hat sie mit Jugendlichen und deren Eltern zu tun, die nicht nur mit klassischen Pubertätskonflikten, sondern ernsthaften psychischen Störungen kämpfen.
Beischer sieht immer wieder Eltern, die maßlosen Forderungen ihrer Kinder keine ausreichende Stärke entgegensetzen: "Das ist aber wichtig, damit sich Jugendliche nicht im grenzenlosen Machtanspruch verlieren", sagt Beischer.
Eltern, die vor ihren Kindern kapitulieren, ihnen keine Grenzen setzen, gleichgültig reagieren auf Alkoholkonsum oder sehr frühen, exzessiven Sex, ließen Jugendliche oft selbst nach Grenzen suchen und dabei das gesunde Maß des Ausprobierens überschreiten. So komme es zu Extremen: Drogen, Komasaufen, riskante Abenteuer, dauerndes Schuleschwänzen. "Grenzen geben auch Halt und Schutz", sagt die Therapeutin. "Zudem braucht der Heranwachsende die familiären Bindungen, um sich bei allem Freiheitsdrang gehalten zu fühlen."
Mangelnder psychischer Halt und schwierige Familienverhältnisse sind häufig auch Hintergrund bei den zunehmenden Selbstverletzungen von Mädchen. "Teenager, die sich ritzen oder schneiden, können oft ihre Gefühle nicht kontrollieren. Wenn das Blut fließt, löst das ihre innere Spannung, manche brauchen den Schmerz, um sich zu spüren."
Zu Problemen kommt es aber auch in behüteten Familien mit großer Harmoniesucht, in denen Konflikte und emotionale Auseinandersetzungen, ja die notwendige Abgrenzung selbst als bedrohlich erlebt werden und Schuldgefühle hervorrufen. "Solche Jugendliche, häufig eher überangepasste Mädchen, können dann nur über ihren Körper rebellieren" - etwa mit Essstörungen (für die es auch andere Ursachen gibt). Nicht gelebte Konflikte werden dann gegen den eigenen Körper gerichtet.
Die Pubertät ist die große Chance zu reifen, aber sie kann eben auch zu ernsthaften Erkrankungen führen. Wann es kein Pubertätskonflikt mehr ist, sondern eine behandlungsbedürftige psychische Störung, sei manchmal nicht leicht zu erkennen, so Beischer.
Rückzug und Verschlossenheit sind normal in der Pubertät, aber vielleicht steckt das Kind in einer handfesten psychischen Krise mit Depressionen? Bedenklich sei, wenn der Jugendliche sozial vereinsamt, Freundschaften, auch den Sportverein aufgibt, vor dem Computer essen will, die Körperpflege extrem vernachlässigt, aggressiv reagiert, wenn man die Computerzeit begrenzt. Vor allem, wenn mehrere Warnzeichen zusammenkommen, sollte man nicht zögern, sich professionelle Hilfe zu holen, rät die Therapeutin, in jedem Fall, wenn von Selbstmordgedanken die Rede ist, wenn der Jugendliche ganz offensichtlich nicht mehr erreichbar ist.
Doch bei allen Problemen - die Pubertät ist gewöhnlich keine Dauerkrise, sie ist, so Rogge, "vor allem eine Phase des Wandels, der Veränderung und der Entwicklung".
Barbara Pelzer* muss er davon nicht überzeugen. Die Hamburger Grafikerin erlebt die Adoleszenz ihres 15-jährigen Sohns Michael als Befreiung: "Ich konnte plötzlich Abstand zu meinem Kind gewinnen, das hat mich wahnsinnig erleichtert." Michael war ein extrem anhängliches Kind, sein Weh war ihr Weh. Die Pubertät werde schrecklich, sie werde nie loslassen können, prophezeiten ihr Freunde.
Aber die Pubertät ist eben auch eine Zeit der Überraschungen. Barbara Pelzer schafft es nun, sagt sie, die ganze Mauligkeit, seine Unausstehlichkeit, den Knatsch nicht persönlich zu nehmen: "Ich weiß, er hat jetzt seine Auszeit - und ich weiß, dass es irgendwann vorbei ist." Sie merkt, es lohnt sich, an heiklen Themen dranzubleiben, ihre Position notfalls hart zu vertreten, sich aber auch für seine Gefühle und Gedanken zu interessieren. Sie berät sich viel mit dem Vater, von dem sie getrennt lebt, überlässt bestimmte Fragen ganz ihm. Pelzer: "Irgendwie ist es auch toll zu sehen, wie das Kind mehr und mehr zu einer eigenen Person wird und in die Welt geht."
Sie entdeckt sogar neue Erziehungswege. Wenn er etwa wieder mal seine Jacke in die Ecke feuert, droht sie ihm: "Häng sie an die Garderobe - oder ich küsse dich!" Das funktioniert, nicht immer, aber immer wieder.
Pubertät, Eltern

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