Vergessen im Internet

Google vergisst nicht. Hier ein Bericht aus dem Tagesanzeiger
Internet Archiv, Mobbing im Internet,

Vergessen muss auch im Netz möglich sein. Dieser Ansicht ist der Europäische Gerichtshof (EuGH). Bürger in der EU können deshalb direkt von Google verlangen, bestimmte Seiten aus Suchergebnissen zu streichen, wenn die Informationen den Datenschutz und die Privatsphäre der betroffenen Personen verletzen. Konkret ist die Rede von nicht mehr zweckmässigen Informationen.
Hanspeter Thür, Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter, geht davon aus, dass Google die neue Praxis auch in der Schweiz umsetzen wird. Doch in welchen konkreten Fällen muss Google aktiv werden? IT-Rechtsanwalt Martin Steiger beurteilt vier fiktive Fälle anhand des Urteils des EuGH.
Beispiel 1 - Fremdenfeindliche Äusserungen
Als 20-Jähriger war Herr Maier politisch radikal engagiert und äusserte sich in Kommentarspalten von Onlinezeitungen fremdenfeindlich. Heute als 30-Jähriger denkt er anders, seine Äusserungen sind aber über Google schnell auffindbar. Bereits mehrere Male ist er bei Vorstellungsgesprächen darauf angesprochen worden.
Steiger: Bei diesem Beispiel ist zwischen der rechtmässigen Veröffentlichung des Onlineportals und der Verbreitung durch Google bei einer breiten Öffentlichkeit zu unterscheiden. Die Zeitung ist nicht verpflichtet, die Kommentare im Archiv zu löschen, weil Maier sie damals so formuliert hat. Bei Suchmaschinen sieht es neu anders aus. Da die Informationen mittlerweile keinen Zweck mehr erfüllen, muss Google das Suchergebnis mit dem Link löschen. Hauptargumente sind die Zeitspanne von zehn Jahren und die Sensibilität für das Privatleben. Ab wann für Suchergebnisse ein Recht auf Vergessen besteht, muss nach dem Urteil des EuGH in Anbetracht aller Umstände im Einzelfall beurteilt werden. Im Fall des Spaniers Mario Castejo Conzalez, der den Ball ins Rollen brachte, waren es 16 Jahre. Liegt ein Eintrag lediglich fünf Jahre zurück, gilt das Recht auf Vergessen allenfalls noch nicht.
Beispiel 2 – Nennung in Filmdatenbank
Frau Kummer findet sich bei der Google-Suche in einer Filmdatenbank als Pornodarstellerin wieder. Obwohl sie nie bei einem solchen Projekt mitgewirkt hat, hat sie dem Eintrag nach im Jahr 1999 in einem Film mit pornografischem Inhalt mitgespielt. Als ihre Familie auf den Link stösst, ist sie schockiert. 
Steiger: Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Einerseits könnte Frau Kummer mit der Filmdatenbank Kontakt aufnehmen und sie auffordern, den Eintrag zu löschen. Sollte es jedoch eine Pornodarstellerin mit demselben Namen gegeben haben, hat Frau Kummer mit ihrem Löschantrag keine Chance. Hätte sie damals tatsächlich in dem Film mitgespielt, gäbe es nun andererseits den Weg über Google. Auch hier käme das Recht auf Vergessen zur Geltung. Es besteht kein überwiegendes öffentliches Interesse mehr daran, über ein Personenprofil bei Google zu erfahren, was die junge Frau damals gemacht hat.
Beispiel 3 - Wohnungssuche mit Jugendsünden
Herr Müller ist 35 Jahre alt und bewirbt sich zusammen mit seiner Freundin für eine Wohnung. Im Internet stösst die Verwaltung auf einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 2000. In dem Bericht über das WG-Leben von Jugendlichen zeigt sich der Mann damals sorglos im Umgang mit Gegenständen und outet sich als Schmutzfink. Das Paar erhält von der Verwaltung eine Absage. 
Steiger: Laut dem Entscheid des EuGH hat das Paar gute Chancen, bei Google mit einem Löschantrag durchzukommen. Denn ohne Google wäre die Verwaltung nicht oder nur sehr schwer zu den Informationen gekommen, die zum negativen Entscheid geführt haben. Sprich, auch wenn Herr Müller heute noch ein Schmutzfink ist, hätte die Verwaltung das nicht erfahren dürfen und das Paar hätte die Wohnung wohl erhalten. Gemäss EuGH kann ein Löschanspruch aber selbst dann bestehen, wenn die Suchergebnisse bei Google zu keinem Schaden führen.
Beispiel 4 – Störendes Babyvideo 
Die 14-jährige Nadine googelt ihren Namen und findet ein Video, in dem sie als Vierjährige mit anderen Kindern im Sandkasten spielt. Der damalige Freund ihrer Mutter hat das Video ins Internet gestellt und mit dem vollständigen Namen von Nadine versehen. Sie findet die Bilder zu privat und will sie löschen lassen.
Steiger: Auch hier wäre es am effektivsten, den ehemaligen Freund der Mutter aufzufordern, den Videobeitrag zu entfernen. Ist dies nicht möglich, kann sich Nadine an Google wenden. Auch hier müsste dem Löschantrag wohl nachgekommen werden. Ein öffentliche Interesse einer breiten Öffentlichkeit besteht nicht und der Beitrag ist bereits zehn Jahre alt. 

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