Chile Tramite
Wer wissen will, was Tramite in Chile bedeutet, kann sich mal diese Geschichte lesen, die ich in Condor.cl gefunden habe:
Führer ohne Schein
31. August 2014 von Cóndor-Redaktion
Liebe Cóndor-Leser,
mehr als neun Jahre fahre ich in Chile mit deutschem Führerschein – unfallfrei, sorgenfrei, reibungslos an der Polizei vorbei. Doch bei einer Kontrolle wurde ich nun ermahnt: Wer als Ausländer eine unbeschränkte Aufenthaltserlaubnis hat, der muss auch einen chilenischen Führerschein besitzen. Als ordnungsliebender Deutscher wollte ich dieser Aufforderung natürlich nachkommen.
Doch einfach die Papiere umschreiben zu lassen geht nicht mehr. Das neue Gesetz verlangt jetzt die theoretische und praktische Prüfung; zuständig ist die Gemeinde, in der man auch wohnt. Und da gab´s die erste Überraschung: Um überhaupt zugelassen zu werden, sollte ich meinen Abschluss der «enseña básica» vorlegen. Wie bitte? Mein Grundschulzeugnis? Das liegt in Deutschland. «Tja, dann müssen Sie halt einen Test machen», entgegnete mir die Sachbearbeiterin freundlich. Mit der besagten Arbeitsprobe sollte nachgewiesen werden, dass ich lesen und schreiben kann.
Was ich zunächst für einen Scherz hielt, wurde bitterer Ernst. Meine Entgegnungen, dass ich Chefredakteur einer Zeitung und durchaus fähig bin, einen Text zu lesen und zu schreiben, nützten nichts. Ohnehin, konterte ich, setze die theoretische Führerscheinprüfung voraus, dass man die Aufgabenfragen auch versteht. Aber auch dieser Logik wollte die Sachbearbeiterin nicht folgen, die ich meinerseits jetzt nicht mehr so freundlich fand.
Doch so schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben. Bei meinem zweiten Anlauf hatte ich mich mit meinem Universitätsabschluss in der Hand bewaffnet – und zwar vom chilenischen Konsulat in Hamburg anerkannt, von der chilenischen Ausländerbehörde offiziell übersetzt und beglaubigt. Doch der sicher geglaubte Sieg über die Behörde wurde zum Rohrkrepierer: Wieder wurde ich abgelehnt. «Wir akzeptieren nur Abschlüsse der enseñanza básica.»
Schließlich schaltete ich die vierte Macht im Staate ein: die Medien. Über die Rubrik «Der Mercurio kämpft für sie» würde diese Zeitung eine Bresche in den Behördendschungel für mich schlagen, so hoffte ich. Doch wieder Fehlanzeige. Mein Bildungsabschluss müsse natürlich vom chilenischen Bildungsministerium anerkannt werden, hieß es nun. Tja, und dreimal dürfen Sie, lieber Leser, raten, was mir das Bildungsministerium sagte, als ich dort mein Uni-Diplom vorlegte: «Wir legalisieren nur enseñanza básica und media.» Auch mein erneut logischer Hinweis, dass ich doch nicht studieren könne, ohne vorher die Schule erfolgreich besucht zu haben, fruchtete nicht.
Als ich mir schließlich vom «Cóndor»-Verlag ein Zertifikat ausstellen ließ, dass bestätigt, dass ich in Providencia arbeite, um schließlich in dieser Gemeinde mein Glück zu versuchen, erging es mir fast schon so wie Josef K. in dem Klassiker «Der Prozess» von Franz Kafka: Den eigentlichen Beweggrund meiner Behördengänge hatte ich schon vergessen. Jetzt ging es mir nur noch darum, wie ich beweisen könne, dass ich kein Analphabet bin. Zur Erinnerung: Ausgangspunkt des Feldzuges war der chilenische Führerschein.
In Providencia drehte ich dann endgültig durch. Mein Studiumabschluss würde generell zwar anerkannt, doch es fehle die «validación». Eine Gültigkeitserklärung? Auch beim chilenischen Konsulat in Hamburg konnte man mir auf meine Nachfrage nicht erklären, was damit gemeint sei. Wutentbrannt beschuldigte ich die Beamtin im Rathaus der Rassendiskriminierung und verließ unter deutschen Flüchen das Gebäude.
Und nun? Nein, lieber Leser, diese Geschichte hat leider kein Happy End. Ich fahre weiterhin illegal auf chilenischen Straßen, lenke unser Auto als ein Führer ohne Schein. Nach dem ganzen Ärger, vielen Telefonaten, Wartestunden und gut gemeinten Ratschlägen ist mir doch noch eine Idee gekommen: Vielleicht melde ich mich bei der Deutschen Schule Santiago an, um die Grundschule zu wiederholen und das besagte Zertifikat zu erhalten. Das hätte dann auch den Vorteil, dass ich neben meinen beiden Söhnen die Schulbank drücken und wir die Hausaufgaben gemeinsam lösen könnten.
Herzlichst Ihr
Arne Dettmann
Auto, Fahrausweis, Führerschein, Bewilligung, Chile
Führer ohne Schein
31. August 2014 von Cóndor-Redaktion
Liebe Cóndor-Leser,
mehr als neun Jahre fahre ich in Chile mit deutschem Führerschein – unfallfrei, sorgenfrei, reibungslos an der Polizei vorbei. Doch bei einer Kontrolle wurde ich nun ermahnt: Wer als Ausländer eine unbeschränkte Aufenthaltserlaubnis hat, der muss auch einen chilenischen Führerschein besitzen. Als ordnungsliebender Deutscher wollte ich dieser Aufforderung natürlich nachkommen.
Doch einfach die Papiere umschreiben zu lassen geht nicht mehr. Das neue Gesetz verlangt jetzt die theoretische und praktische Prüfung; zuständig ist die Gemeinde, in der man auch wohnt. Und da gab´s die erste Überraschung: Um überhaupt zugelassen zu werden, sollte ich meinen Abschluss der «enseña básica» vorlegen. Wie bitte? Mein Grundschulzeugnis? Das liegt in Deutschland. «Tja, dann müssen Sie halt einen Test machen», entgegnete mir die Sachbearbeiterin freundlich. Mit der besagten Arbeitsprobe sollte nachgewiesen werden, dass ich lesen und schreiben kann.
Was ich zunächst für einen Scherz hielt, wurde bitterer Ernst. Meine Entgegnungen, dass ich Chefredakteur einer Zeitung und durchaus fähig bin, einen Text zu lesen und zu schreiben, nützten nichts. Ohnehin, konterte ich, setze die theoretische Führerscheinprüfung voraus, dass man die Aufgabenfragen auch versteht. Aber auch dieser Logik wollte die Sachbearbeiterin nicht folgen, die ich meinerseits jetzt nicht mehr so freundlich fand.
Doch so schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben. Bei meinem zweiten Anlauf hatte ich mich mit meinem Universitätsabschluss in der Hand bewaffnet – und zwar vom chilenischen Konsulat in Hamburg anerkannt, von der chilenischen Ausländerbehörde offiziell übersetzt und beglaubigt. Doch der sicher geglaubte Sieg über die Behörde wurde zum Rohrkrepierer: Wieder wurde ich abgelehnt. «Wir akzeptieren nur Abschlüsse der enseñanza básica.»
Schließlich schaltete ich die vierte Macht im Staate ein: die Medien. Über die Rubrik «Der Mercurio kämpft für sie» würde diese Zeitung eine Bresche in den Behördendschungel für mich schlagen, so hoffte ich. Doch wieder Fehlanzeige. Mein Bildungsabschluss müsse natürlich vom chilenischen Bildungsministerium anerkannt werden, hieß es nun. Tja, und dreimal dürfen Sie, lieber Leser, raten, was mir das Bildungsministerium sagte, als ich dort mein Uni-Diplom vorlegte: «Wir legalisieren nur enseñanza básica und media.» Auch mein erneut logischer Hinweis, dass ich doch nicht studieren könne, ohne vorher die Schule erfolgreich besucht zu haben, fruchtete nicht.
Als ich mir schließlich vom «Cóndor»-Verlag ein Zertifikat ausstellen ließ, dass bestätigt, dass ich in Providencia arbeite, um schließlich in dieser Gemeinde mein Glück zu versuchen, erging es mir fast schon so wie Josef K. in dem Klassiker «Der Prozess» von Franz Kafka: Den eigentlichen Beweggrund meiner Behördengänge hatte ich schon vergessen. Jetzt ging es mir nur noch darum, wie ich beweisen könne, dass ich kein Analphabet bin. Zur Erinnerung: Ausgangspunkt des Feldzuges war der chilenische Führerschein.
In Providencia drehte ich dann endgültig durch. Mein Studiumabschluss würde generell zwar anerkannt, doch es fehle die «validación». Eine Gültigkeitserklärung? Auch beim chilenischen Konsulat in Hamburg konnte man mir auf meine Nachfrage nicht erklären, was damit gemeint sei. Wutentbrannt beschuldigte ich die Beamtin im Rathaus der Rassendiskriminierung und verließ unter deutschen Flüchen das Gebäude.
Und nun? Nein, lieber Leser, diese Geschichte hat leider kein Happy End. Ich fahre weiterhin illegal auf chilenischen Straßen, lenke unser Auto als ein Führer ohne Schein. Nach dem ganzen Ärger, vielen Telefonaten, Wartestunden und gut gemeinten Ratschlägen ist mir doch noch eine Idee gekommen: Vielleicht melde ich mich bei der Deutschen Schule Santiago an, um die Grundschule zu wiederholen und das besagte Zertifikat zu erhalten. Das hätte dann auch den Vorteil, dass ich neben meinen beiden Söhnen die Schulbank drücken und wir die Hausaufgaben gemeinsam lösen könnten.
Herzlichst Ihr
Arne Dettmann
Auto, Fahrausweis, Führerschein, Bewilligung, Chile
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